10.05.2012

Beerdigungen nach islamischem Brauch auf dem städtischen Friedhof

Die Wählergruppe "InterKommunale Liste" (IKL), vertreten durch die Mitglieder Mustapha Bahrini und Abdul Wakil Amarkhel, stellt folgenden Antrag (siehe Anhang):

 

"Der Magistrat der Stadt Eltville am Rhein möge sich dafür einsetzen, dass für verstorbene Menschen, die dem islamischen Glauben angehören und in Eltville beheimatet sind, auf dem Eltviller Friedhof eine gesonderte Bestattungsstelle mit Möglichkeiten für islamische Bestattungsrituale zur Verfügung gestellt wird. In anderen Städten gibt es das bereits und es ist wünschenswert, wenn auch in Eltville diese Möglichkeit geschaffen würde. Diese Bitte ist nicht nur ein Anliegen der türkisch-stämmigen Bevölkerung von Eltville, die die größte ausländische Gruppe in Eltville stellt, sondern ist eine Bitte aller in Eltville lebenden Menschen mit islamischem Glauben.

 

Mit einem speziellen islamischen Gräberfeld ist keineswegs eine Absonderung von christlichen Gräbern beabsichtigt. Im Vordergrund steht hierbei die Ausrichtung der Gräber in Richtung Mekka – der Gebetsrichtung, die ein wesentliches Ritual islamischer Bestattungen darstellt. Unsere Empfehlung lässt offen, ob ein eigener islamischer Friedhof errichtet oder ob im Sinne eines „versöhnten Nebeneinanders der Religionen“ eine Anbindung an einen bestehenden kommunalen Friedhof realisiert wird.

 

Notwendige rituelle Ausstattungen eines Gräberfelds nach islamischen Traditionen sind, neben der Ausrichtung der Gräber in die Gebetsrichtung, ein Aufbahrungsraum für Muslime und ein ritueller Waschraum. Vor allem bei einer neuen Anlage sollten diese Punkte in den Planungen berücksichtigt werden. Das islamische Gräberfeld soll für alle islamische Glaubensgemeinschaften und Glaubensrichtungen offen sein.

 

Begründung:

 

Ausführungen der muslimischen Vereinsvertreter aus dem Rheingau machten uns deutlich, dass für die Schaffung einer gesonderten Beerdigungsstätte bisher keine besondere Notwendigkeit vorhanden war, denn bisher wurden fast alle verstorbenen Menschen, die dem islamischen Glauben angehören, in ihre Heimat überführt.

 

Diese Situation beginnt jedoch, sich grundlegend zu ändern.

 

Die Kinder der ersten Generation von Menschen, die nach Deutschland einwanderten, gehören zwar immer noch dem islamischen Glauben an, haben aber vielfach den Entschluss gefasst, für immer hier in Deutschland, hier in Eltville zu leben.

 

Somit ist es zukunftsweisend für eine gelungene Integration, wenn diese Menschen die Möglichkeit haben, in ihrer Heimat Eltville nach den Traditionen ihres Glaubens beerdigt zu werden.

 

Hinzu kommt, dass auch viele Menschen der ersten Zuwanderer-Generation mittlerweile so lange in Deutschland leben, dass sie ihrer Verbundenheit zu ihrem aktuellen Wohnort dadurch Ausdruck verleihen möchten, hier ihre letzte Ruhe zu finden – wenn für sie die Möglichkeit einer islamischen Bestattung bestünde.

 

Mittlerweile ist es so, dass die erste Generation der Zuwanderer in das Alter kommt, in dem man an das Sterben denken muss. Die erste Generation sieht jetzt auch, dass ihre Kinder und Kindeskinder hier in Eltville zu Hause sind und dass diese auf Dauer hier bleiben werden. Viele sind ja auch schon eingebürgert. Da besteht – wie bei vielen Einheimischen auch – der Wunsch, in der Nähe der Kinder beerdigt zu werden.

 

Mittlerweile haben etwa 70 deutsche Städte und Gemeinden islamische Friedhöfe oder islamische Grabfelder eingerichtet. Die Erfahrungen aus anderen Städten zeigen, dass es geht.

 

Der Ausländerbeirat möchte im Rahmen dieses Antrags vorschlagen, dass sich im Vorfeld alle Beteiligten an einen Tisch setzen, um die Erfordernisse einer Einrichtung eines islamischen Grabfeldes bzw. Friedhofs in Eltville zu erörtern und Richtlinien dafür aufzustellen. Das gibt Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Wir empfehlen hierbei Mustersatzungen, wie sie zum Beispiel von der Stadt Aachen erstellt wurden.

 

Abschließend möchten wir auf die Punkte hinweisen, die eine Bestattung nach islamischen Traditionen auf einem christlichen Friedhof nicht ohne weiteres möglich machen und daher bei der Einrichtung eines islamischen Grabfeldes innerhalb eines bestehenden Friedhofs bzw. bei der Einrichtung eines islamischen Friedhofs unbedingt Beachtung finden sollten:

 

  • Ausrichtung des Grabfelds nach Mekka (Qibla).

 

  • Bestattung ohne Sarg (ist bereits in einigen deutschen Städten möglich, u.a. in Essen, Aachen, Paderborn und Hamburg sowie in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Saarland).

 

  • Aus Achtung vor der Totenruhe verzichten Muslime nahezu auf jegliche Form von Grabschmuck und Grabpflege. Ein Idealgrab ist nicht mehr als ein Grabhügel.

 

  • In der islamischen Bestattungs-Kultur existiert ein „ewiges Ruherecht“. In Deutschland ist hingegen eine Grabaufhebung nach 15 oder 20 Jahren üblich. Eine Alternative bietet sich hierbei in Form von Kauf oder von Wahlgräbern an.

 

Die Akzeptanz der islamischen Bestattungskultur ist ein Schritt zur Integration in die deutsche Gesellschaft und sorgt für eine Entkrampfung im Verhältnis zwischen den Religionen. Wie im Leben, sind Muslime auch im Tod unsere Nachbarn. Eltville könnte durch eine Umsetzung dieses Antrags eine richtungsweisende Rolle im Integrationsprozess in Deutschland einnehmen.